Autorin werden #4: Prokrastination – schreiben oder nicht schreiben?

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Du kennst es bestimmt: Du nimmst dir vor, dieses Mal früher damit anzufangen, dich z. B. auf eine Prüfung vorzubereiten. Oder du schreibst dir in deinen Kalender, dass du dich nach dem Wochenende endlich um all die ungeöffneten Briefe kümmerst. Oder einer deiner Vorsätze ist es, ab Januar ins Fitnessstudio zu gehen.

Am Ende sitzt du aber doch wieder die ganze Nacht am Schreibtisch, um dir auf den letzten Drücker die wichtigsten Infos für die Prüfung einzutrichtern. Der Stapel an ungeöffneten Briefen wird immer größer und auch der Gang ins Fitnessstudio findet nie statt. Immer nur „später“ oder „irgendwann vielleicht“.

Das sind die klassischen Fälle von Prokrastination. Wir schieben Dinge vor uns her, die wir eigentlich tun sollten, die uns vielleicht sogar ein gutes Gefühl geben würden. Aber wir können uns einfach nicht aufraffen. Mit dem Schreiben und Überarbeiten ist es ein und dasselbe. Sobald auch nur der kleinste Veröffentlichungsdruck aufkommt, blockiert uns innerlich irgendetwas und jeder Gang an den Schreibtisch wird zur Mammutaufgabe. Zumindest geht es mir so.

Warum prokrastinieren wir?

Wir prokrastinieren bei Aufgaben, die wir uns nicht zutrauen, die uns vielleicht zu groß erscheinen, um sie ohne nennenswerten Aufwand oder Schmerz bewältigen zu können. Vielleicht sind es auch Aufgaben, die uns keinen Spaß machen und uns lästig erscheinen.

Ein Buch zu schreiben ist wunderschön und erfüllend, aber es dauert auch furchtbar lange und ist anstrengend. Außerdem ist es mit dem Schreiben allein ja nicht getan. Die Geschichte will immer und immer wieder gelesen und überarbeitet werden, so lange, bis alles passt. Der anfängliche „Spark“ ist bei der 100sten Überarbeitung längst verflogen und man will einfach nur noch Kotzen. Es fühlt sich an, als würde man tagein tagaus sein Lieblingsgericht essen und könnte es einfach nicht mehr sehen.

Wie können wir dieser Misere entkommen?

Zuallererst sollten wir damit aufhören, uns schuldig zu fühlen, weil wir prokrastinieren. Jede Autorin tut es irgendwann, manche häufig, manche weniger häufig. Und auch wenn man nicht daran glaubt, dass es anderen genauso geht, weil wir ihre Erfolge auf Social Media sehen, so sollten wir uns immer wieder klarmachen, dass Social Media nicht echt ist. Wir sind alle nur Menschen mit unseren eigenen Fehlern und wir alle haben gute und schlechtere Phasen. Und meistens haben wir noch mehr als genug Lebenszeit, um an uns zu arbeiten.

Und jetzt zu den konkreten Tipps:

  • An mehreren Projekten gleichzeitig arbeiten, die in unterschiedlichen Stadien sind.
  • Illustrationen oder ein Cover deines WIP (=Work in Progress) in Auftrag geben. Das pusht die Motivation.
  • Playlists für dein WIP erstellen, die dich in Schreibstimmung bringen können.
  • Eine geführte Meditation für Autorinnen anhören.
  • Einen Schreibkurs buchen, bei dem du regelmäßig Texte einreichen musst.
  • Dir eine Schreib-Ecke einrichten und mit passender Deko versehen, um dich in Schreibstimmung zu bringen.
  • Ein (subjektiv) gutes Buch zur Hand nehmen, um motiviert zu werden, es genauso gut zu machen.
  • Ein (subjektiv) schlechtes Buch zur Hand nehmen, um motiviert zu werden, es besser zu machen.
  • „Ambient Music“ hören, falls normale Musik dich eher beim Schreiben stört.

Ein weiterer Grund für Prokrastination

Ein weiterer Grund für Prokrastination könnte sein, dass du gar nicht so genau weißt, wo du mit deiner Geschichte im Kleinen oder deiner Autorinnenkarriere im Großen eigentlich hinwillst.

Es könnte sein, dass du nur ein paar Schlüsselszenen deines Romans im Kopf hast, du diese aber nicht zu einer schlüssigen Geschichte verknüpfen kannst. Du fängst immer wieder an zu schreiben, aber irgendwann kommst du ins Stocken. Dieses Problem lässt sich sehr einfach beheben und lautet: plotten.

Auch wenn du keine Plotterin per se bist, brauchst du dennoch eine gewisse Struktur und ein Ziel, um eine kohärente Geschichte schreiben zu können. Ich persönlich plotte immer nur eine Szene, maximal ein Kapitel, im Voraus. Das bedeutet konkret: ich fasse in einem Satz zusammen, was passieren soll. Dann schreibe ich und justiere in der nächsten Szene wieder nach. So nimmst du dir den Druck, alles von Vornherein durchplanen zu müssen und kannst leichter spontane Einfälle einarbeiten. Außerdem bleibt es so spannender, weil du der Geschichte beim Entstehen zusiehst und du dich vielleicht das ein oder andere mal sogar selbst überraschst.

Die Sache mit der Autorinnenkarriere ist schon etwas kniffliger und blockiert auch mich regelmäßig dabei, überhaupt etwas zustande zu bringen. Dann verbringe ich einen Nachmittag damit, Pläne zu schmieden, wann ich den Spiegel-Bestseller spätestens landen muss oder welchen Schreibkurs ich als nächstes belegen soll, der mir zum Durchbruch verhelfen wird. Das verwirrt mich und lässt mich meistens hoffnungsloser zurück als ich vor meiner Grübel-Session war.

Aber auch hier versuche ich also nach dem Motto zu leben: Ein Schritt nach dem anderen. Ich mache einen Schritt und schaue, ob mir dieser zusagt. Wenn ja, gehe ich den nächsten in diese Richtung. Wenn nein, schlage ich einen anderen Weg ein.

Der letzte Feind der Produktivität

Das nächste Drama innerhalb der Buchbranche ist immer nur einen Klick entfernt. Die Konkurrenz wird außerdem von Tag zu Tag größer und auch KI spielt dabei keine kleine Rolle. Aber wenn wir überhaupt noch irgendetwas schreiben wollen, müssen wir uns zwingen, gewisse Apps nicht dauernd zu öffnen. Ich persönlich weiß ganz genau, dass ich danach nicht kreativ arbeiten kann.

Gerade in diesem Augenblick habe ich nach meinem Handy gegriffen und meine Nachrichten gecheckt. Danach habe ich ganz automatisch die Instagram-App geöffnet. Ich war mir bewusst darüber, dass ich das gerade tue und warum ich es tue. Ich wollte diesen Artikel hier nicht beenden, weil Schreiben verdammt anstrengend ist. Aber dann habe ich das Handy bewusst weggelegt, denn mir war klar, dass ich diese Zeilen innerhalb von zwei Minuten tippen kann und dann fertig mit meiner To-Do-Liste für diesen Tag bin. Zwei Minuten. 

Was lernen wir daraus? Dass Ablenkungen okay sind, solange wir uns ihrer bewusst sind. Denn dann können wir diszipliniert daran arbeiten, uns nicht mehr so oft ablenken zu lassen. Wenn wir uns immer wieder fragen, warum wir uns gerade ablenken wollen und ob es das jetzt wirklich braucht.

Noch ein letzter Gedanke ...

Wenn du merkst, dass du weder vor, noch während, noch nach dem Schreiben Spaß an deinen Texten hast. Wenn es dir keine Freude bereitet, dir Geschichten auszudenken oder du keinerlei Ideen für Bücher hast, dann frage dich, warum du eigentlich Autorin sein willst.

Ist es der vermeintliche Ruhm? Das spannende Leben als berühmte Autorin? Die Arbeit mit Künstlerinnen und anderen Kreativen? Beantworte dir diese Frage ehrlich und dann entscheide, ob du in einem anderen Kreativbereich nicht besser aufgehoben wärst.